VERKEHRSPOLITIK

Europa,​
wir kommen!



Europa,
wir kommen!

Exakt 1.189,6 km, vier Optionen, ein Ziel: ein Verkehrsmittelvergleich unter realen Bedingungen. Verbrenner, E-Auto, Zug oder Flugzeug – womit sind Reisende schneller, günstiger, nachhaltiger, flexibler und komfortabler unterwegs? Die Vergleichsfahrt „Europa Challenge“ des ACV und seiner Partner im European Automobile Clubs brachte einige überraschende Erkenntnisse.

Wer sich in Deutschland und Europa auf den Weg über weite Strecken macht, muss Kompromisse eingehen: schnell, günstig, klimafreundlich oder bequem. Jedes Verkehrsmittel hat seine Stärken und Schwächen; eine Möglichkeit zu prüfen, wie groß die Unterschiede tatsächlich sind, haben Urlauber in der Praxis selten. 

Der ACV und seine Partner im Verbund des EAC (European Automobile Clubs) sind nun zu einen Vergleich angetreten. Vier Teams haben sich bei dem Projekt „Europa Challenge“ mit den vier gängigen Verkehrsmitteln für die Urlaubsreise auf den Weg gemacht; über fast 1.200 Kilometer, aus der Mitte Deutschlands bis an die kroatische Adriaküste, von Frankfurt bis in die Urlaubsstadt Zadar. Sie wollten wissen: Welches Verkehrsmittel hat in welchen Aspekten die Nase vorn?

„Es ist etwas anderes, verschiedene Mobilitätsformen in der Praxis zu testen, als nur theoretisch zu diskutieren“, weiß ACV Geschäftsführer und EAC Präsident Holger Küster. Zwar sei klimafreundliche Mobilität in aller Munde, jedoch könnten nur wenige Akteure echte Erfahrungswerte aus der Praxis vorweisen. Der Anspruch des Projekts: die Reisebedingungen selbst zu erleben, Schwachstellen zu erkennen, Zweifel und Vorurteile zu hinterfragen. „Daraus entstehen nicht nur Empfehlungen für Reisende und Mitglieder des EAC, sondern auch Forderungen an die Politik“, so Küster.

STROM GEGEN BENZIN
Der gemeinsame Startpunkt der Teams lag an einem Hotel in der Nähe von Frankfurt am Main. Während Team Flugzeug aufgrund des Zeitvorteils erst am nächsten Tag aufbrechen musste, nahm die Zugfahrerin per Bus und S-Bahn Kurs auf den Frankfurter Hauptbahnhof, während sich Elektroauto und Verbrenner auf die Autobahn begaben, mit geplantem Zwischenstopp in Passau: Strom gegen Benzin auf der gleichen Strecke, im realen Fahralltag. Um eine höhere Vergleichbarkeit zu realisieren, wurde eine Richtgeschwindigkeit von 130 km/h vereinbart.

Verkehrsmittel im Realitätscheck: Die Europa Challenge von ACV und weiteren im EAC organisierten Clubs im Video

Als ein seit Jahrzehnten bewährter Standard spulte der Benziner, ein Hyundai Kona, mit einem Team des österreichischen Automobilclubs ARBÖ am Steuer stoisch seine Kilometer ab. Spannender war es für den ACV und den ARCD an Bord des E-Autos, eines Kia EV3. Würde das Laden problemlos klappen – auch im Ausland? Und welchen zeitlichen Nachteil würde das E-Auto am Ende im Vergleich zum Verbrenner haben? 

„Wir haben das Bordsystem des Autos die Ladestopps planen lassen“, erläutert ACV Pressesprecher Philipp Mathey. „Das ist sinnvoll, weil so auch die Batterie vorkonditioniert wird und schneller lädt.“ Deutschland, Österreich, Slowenien, Kroatien – mindestens einmal pro Land stoppte Team E-Auto zum Laden. „Wir haben sowohl unsere Ladekarten vom ACV und ARCD als auch das Ad-hoc-Laden per Kreditkarte ausprobiert – alles hat reibungslos funktioniert“, so Mathey. 

Damit E-Mobilität alltagstauglich wird, muss sich das Ladeerlebnis dem des Tankens angleichen. 

Holger Küster
ACV Geschäftsführer und EAC Präsident

Gerade auf Urlaubsreisen, fern der gewohnten Ladeinfrastruktur, wird Preistransparenz zum entscheidenden Faktor. „Beim Tanken sieht man den Preis sofort, jedoch beim Laden, insbesondere beim Ad-hoc-Laden, sind die Kosten nicht auf einen Blick erkennbar“, kritisiert Holger Küster. Das schrecke Autofahrer ebenso ab, wie die Erfordernis verschiedener Ladekarten. „Damit E-Mobilität alltagstauglich wird, muss sich das Ladeerlebnis dem des Tankens angleichen“, so Küster.

Unterwegs nach Zadar konnte der Kia fast immer mit der Maximalleistung von 128 kW laden, ohne Anstehen an der Ladesäule. Allerdings bemerkten die EAC Fahrer eine deutliche Verschlechterung der Rahmenbedingungen: Vom überdachten Ladepark mit Infrastruktur im in dieser Hinsicht gut erschlossenen Deutschland bis zu einer einige Kilometer von der Autobahn entfernten Ladesäule in einem einsamen Hinterhof eines Industriegebietes in Kroatien.

Thomas Schreiner (ARCD, links) und Philipp Mathey (ACV) beim Ladestopp in Kroatien.

Unterwegs nach Zadar konnte der Kia fast immer mit der Maximalleistung von 128 kW laden, ohne Anstehen an der Ladesäule. Allerdings bemerkten die EAC Fahrer eine deutliche Verschlechterung der Rahmenbedingungen: Vom überdachten Ladepark mit Infrastruktur im in dieser Hinsicht gut erschlossenen Deutschland bis zu einer einige Kilometer von der Autobahn entfernten Ladesäule in einem einsamen Hinterhof eines Industriegebietes in Kroatien.

Thomas Schreiner (ARCD, links) und Philipp Mathey (ACV) beim Ladestopp in Kroatien.

 „Unsere Erkenntnis: Ladeinfrastruktur muss europaweit gedacht werden“, sagt ACV Sprecher Philipp Mathey. „Es gibt weniger E-Autos in Kroatien, demensprechend weniger Infrastruktur. Aber auch für Urlauber müssen ausreichend Lademöglichkeiten vorhanden sein. Vor allem, wenn man zu Ferienzeiten fährt, ist eine Ladesäule weit abseits der Autobahn zu wenig.“

15,5 Stunden Fahrzeit inklusive Ladepausen waren die E-Mobilisten unterwegs, bei einem Durchschnittsverbrauch von 19 kWh und Ladekosten von 179 Euro. Aufgrund von Ökostrom emissionsarm, wobei sich nicht an allen Ladesäulen die Stromherkunft nachvollziehen ließ. „Im Praxis-Check hat sich das E-Auto auch auf der Langstrecke bewährt“, resümiert Mathey. 

Und der Verbrenner? Fuhr einen Zeitvorteil gegenüber dem E-Auto von insgesamt etwas mehr als 2,5 Stunden raus, bei einem Durchschnittsverbrauch von 6,5 l/100 km und 270 Kilogramm CO2-Emissionen (berechnet für eine Person). Dafür bot er viel Planungssicherheit bei der Infrastruktur. Die weiteren Vorteile der Reise mit dem eigenen Auto seien hier außerdem benannt: Maximale Flexibilität, was Gepäckmitnahme und Reiseplanung angeht – mehr Selbstbestimmtheit geht nicht.

23,5 STUNDEN FAHRTZEIT
Auf die Bahnfahrerin wartete hingegen nach der Anreise vom Hotel per Bus und S-Bahn am Frankfurter Hauptbahnhof die erste fremdbestimmte Umplanung: Der Zubringer zum Nachtzug nach München Ostbahnhof fiel aus. Mit einem Ersatzzug ging es mit einmal Umsteigen doch noch weiter. „Ich habe extra zeitlichen Puffer eingeplant – wenn man mit der Bahn fährt, ist das obligatorisch“, sagte Isabella Finsterwalder vom Automobilclub KS e.V. 

Besonders anstrengend sei dann das lange Warten am Bahnhof auf die Abfahrt des Nachtzugs um Mitternacht gewesen. Im Abteil, das Finsterwalder gebucht hatte und in dem es Bett, weiße Decke und Waschbecken gab, habe ihr der Schaffner dringend empfohlen, gut abzuschließen. Unwohl sei ihr gewesen, als sie ihr Gepäck beim Gang auf die Toilette unbeaufsichtigt lassen musste, da sich das Abteil nur von innen, jedoch nicht von außen abschließen ließ.

Einerseits

23.5 Std.

dauerte die komplette Reise in der Bahn. Der Trip verbrauchte mit 28 kg aber am wenigsten CO2.

Andererseits

4.5 Std.

dauerte die komplette Reise im Flugzeug – trotz großzügiger Puffer. Einen deutlich erhöhten ​CO2-Ausstoß von 255 kg nimmt der Reisende dafür in Kauf.

Übrigens

gut 2.5 Std.

früher kam am Ende der Reise der Verbrenner vor dem E-Auto an.

23,5 STUNDEN FAHRTZEIT
Auf die Bahnfahrerin wartete hingegen nach der Anreise vom Hotel per Bus und S-Bahn am Frankfurter Hauptbahnhof die erste fremdbestimmte Umplanung: Der Zubringer zum Nachtzug nach München Ostbahnhof fiel aus. Mit einem Ersatzzug ging es mit einmal Umsteigen doch noch weiter. „Ich habe extra zeitlichen Puffer eingeplant – wenn man mit der Bahn fährt, ist das obligatorisch“, sagte Isabella Finsterwalder vom Automobilclub KS e.V. 

Besonders anstrengend sei dann das lange Warten am Bahnhof auf die Abfahrt des Nachtzugs um Mitternacht gewesen. Im Abteil, das Finsterwalder gebucht hatte und in dem es Bett, weiße Decke und Waschbecken gab, habe ihr der Schaffner dringend empfohlen, gut abzuschließen. Unwohl sei ihr gewesen, als sie ihr Gepäck beim Gang auf die Toilette unbeaufsichtigt lassen musste, da sich das Abteil nur von innen, jedoch nicht von außen abschließen ließ.

Einerseits

23.5 Std.

dauerte die komplette Reise in der Bahn. Der Trip verbrauchte mit 28 kg aber am wenigsten ​CO2.

Andererseits

4.5 Std.

dauerte die komplette Reise im Flugzeug – trotz großzügiger Puffer. Einen deutlich erhöhten ​CO2-Ausstoß von 255 kg nimmt der Reisende dafür in Kauf.

Übrigens

gut 2.5 Std.

früher kam am Ende der Reise der Verbrenner vor dem E-Auto an.

„Im Praxistest hat die Bahnfahrt grundsätzlich funktioniert, doch es bleibt ein deutliches Aber“, resümiert EAC Präsident und ACV Geschäftsführer Küster. Unter anderem das Thema Sicherheit sieht er kritisch: sowohl in puncto persönliche Sicherheit als auch bei der Planbarkeit. „Für Familien ist eine über Landesgrenzen führende Urlaubsreise per Bahn mit all ihren Unwägbarkeiten kaum alltagstauglich, eher ein Abenteuer als eine verlässliche Mobilitätsalternative.“ Die länderübergreifende Ticketbuchung erweise sich zudem als umständlich, transparente Preisangaben seien oft nicht gegeben. 

Auf der etwa 12 Stunden langen Fahrt nach Zagreb habe sie viele interessante Gespräche mit Mitreisenden geführt, berichtet Finsterwalder: „Für viele junge Leute sind der geringe ​CO2-Ausstoß und der günstige Preis bei früher Buchung ausschlaggebende Argumente.“ Geringere Flexibilität nähmen sie dafür eher in Kauf als Familien mit kleinen Kindern oder ältere Personen. Der berechnete ​CO2-Ausstoß lag immerhin nur bei 28 Kilogramm. Nach insgesamt 23,5 Stunden Fahrzeit, inklusive eines Transfers von Zagreb nach Zadar per Flixbus („sehr sauber, sehr komfortabel“), war Finsterwalder sogar als Zweite am Ziel.

zahlte Team E-Auto für die gesamte Strecke (inkl. Maut etc.), testete dabei verschiedene Zahlungsmöglichkeiten.

fielen bei der Fahrt mit dem Verbrenner an (inkl. Maut etc.), der damit etwas günstiger ans Ziel kam, auf Kosten des CO2-Kontos.

kamen für ÖPNV, ICE, Nachtzug, Fernbus und Taxi auf der Zugreise zusammen.

kostete der One-Way-Flug, inklusive Taxikosten für An- und Abreise.

*Alle Berechnungen für eine Person, Quelle ​ CO2-Kennzahlen:     Umweltministerium (AT), Umweltbundesamt (AT).

SEHR SCHNELL, SEHR UMWELTBELASTEND
„Es war von Anfang an klar, dass das Flugzeug die schnellste Variante sein würde“, sagte Martin Filzen vom Dachverband EAC, der mit der Lufthansa von Frankfurt nach Zadar flog. Trotz Anreise zum Flughafen mit größerem Puffer brauchte er von Tür zu Tür lediglich 4,5 Stunden. „Wie komfortabel und zügig die Reise im Vergleich zu allen anderen gelang, hat mich aber überrascht.“ Jedoch: „Gerade bei der Anreise aus ländlichen Regionen zeigt sich, dass es keine wirklich praktikable Alternative zum Auto gibt; ist doch der Weg zum Flughafen per ÖPNV oft umständlich und zeitintensiv.“ Darüber hinaus spielt für viele auch am Reiseziel die Flexibilität eine zentrale Rolle, weshalb sich viele Flugzeug-Urlauber für einen Mietwagen vor Ort entscheiden. 

Einen nicht unerheblichen Anteil am zügigen Durchkommen im Praxistest war der Vorplanung zu verdanken: Filzen nutzte sowohl den von der Airline angebotenen Vorab-Check-in, als auch die Option des Flughafens Frankfurt, für die Sicherheitskontrolle einen Zeitslot zu buchen und so langen Warteschlangen zu entgehen (auch an anderen Flughäfen möglich, z.B. CGN, DUS, BER, HAJ, HAM).

zahlte Team E-Auto für die gesamte Strecke (inkl. Maut etc.), testete dabei verschiedene Zahlungsmöglichkeiten.

fielen bei der Fahrt mit dem Verbrenner an (inkl. Maut etc.), der damit etwas günstiger ans Ziel kam, auf Kosten des CO2-Kontos.

kamen für ÖPNV, ICE, Nachtzug, Fernbus und Taxi auf der Zugreise zusammen.

kostete der One-Way-Flug, inklusive Taxikosten für An- und Abreise.

*Alle Berechnungen für eine Person, Quelle ​ CO2-Kennzahlen:     Umweltministerium (AT), Umweltbundesamt (AT).

SEHR SCHNELL, SEHR UMWELTBELASTEND
„Es war von Anfang an klar, dass das Flugzeug die schnellste Variante sein würde“, sagte Martin Filzen vom Dachverband EAC, der mit der Lufthansa von Frankfurt nach Zadar flog. Trotz Anreise zum Flughafen mit größerem Puffer brauchte er von Tür zu Tür lediglich 4,5 Stunden. „Wie komfortabel und zügig die Reise im Vergleich zu allen anderen gelang, hat mich aber überrascht.“ Jedoch: „Gerade bei der Anreise aus ländlichen Regionen zeigt sich, dass es keine wirklich praktikable Alternative zum Auto gibt; ist doch der Weg zum Flughafen per ÖPNV oft umständlich und zeitintensiv.“ Darüber hinaus spielt für viele auch am Reiseziel die Flexibilität eine zentrale Rolle, weshalb sich viele Flugzeug-Urlauber für einen Mietwagen vor Ort entscheiden. 

Einen nicht unerheblichen Anteil am zügigen Durchkommen im Praxistest war der Vorplanung zu verdanken: Filzen nutzte sowohl den von der Airline angebotenen Vorab-Check-in, als auch die Option des Flughafens Frankfurt, für die Sicherheitskontrolle einen Zeitslot zu buchen und so langen Warteschlangen zu entgehen (auch an anderen Flughäfen möglich, z.B. CGN, DUS, BER, HAJ, HAM).

„Das Erlebnis einer Reise, das Fortbewegen durch verschiedene Länder, geht beim Fliegen verloren“, resümiert Filzen. Hinzu kommen die weiteren handfesten Nachteile, mit denen eine Anreise per Flugzeug verbunden ist: höhere Kosten und hohe ​CO2-Emissionen. Sustainable Aviation Fuels (SAF), also alternative Flugkraftstoffe aus nachhaltigen Quellen mit reduziertem ​CO2-Ausstoß, gelten als Schlüsseltechnologie, um das Fliegen klimaverträglicher zu machen. Dabei gehe es nicht darum, Flugzeuge sofort zu 100 Prozent mit SAF zu betreiben – schon eine Beimischung könne spürbar zur Emissionsreduktion beitragen, ordnet Holger Küster ein: „Beim Thema ​CO2-Einsparung in der Luftfahrt zählt jeder Prozentpunkt.“

Wichtig ist, die jeweiligen Vor- und Nachteile zu kennen, denn nicht alle Reisenden stellen die gleichen Ansprüche.

Holger Küster
ACV Geschäftsführer und EAC Präsident

Am Ende ist die beste individuelle Wahl nicht nur eine Frage von Tempo oder Technik, sondern davon, wie man unterwegs sein will. „Wichtig ist, die jeweiligen Vor- und Nachteile zu kennen, denn nicht alle Reisenden stellen die gleichen Ansprüche“, so Küster. „Damit klimafreundliche Mobilität zur echten Alternative wird, braucht es aber mehr als gute Absichten: Die Politik – insbesondere auf EU-Ebene – muss jetzt verlässliche Rahmenbedingungen schaffen, damit alle Verkehrsmittel ihr Potenzial für nachhaltiges Reisen entfalten können.“

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