MENSCHEN

„China? Einen Schritt schneller & effizienter."

In Asien aufgewachsen, nach Stationen bei Audi, Toyota und Hyundai, baut Automanager Markus Schrick nun das Deutschlandgeschäft des chinesischen Herstellers Xpeng auf. Mit der PROFIL sprach er über Vertrauen zum Autohändler, Kundenwünsche und gegenseitiges Lernen von Ost und West. 

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„X was?“ Als Markus Schrick im Herbst 2023 als Managing Director beim chinesischen Elektroauto-Hersteller Xpeng in Deutschland anheuerte, bekam er diese Frage im Freundes- und Bekanntenkreis ständig zu hören. Zwei Leute seien sie in der Deutschlandzentrale gewesen, erinnert sich Schrick, die Situation habe Startup-Flair gehabt. 

Von den gut anderthalb Jahren seitdem erzählt Schrick mit ausholenden Gesten, er spricht schnell und mitreißend. Das Deutschlandgeschäft „von Null“ aufzubauen machte und macht dem 64-Jährigen offensichtlich Freude. Seine Jahrzehnte Erfahrung, unter anderem als Deutschland-Geschäftsführer des koreanischen Herstellers Hyundai und des japanischen Herstellers Toyota, kann Schrick hier umfassend einbringen. Geboren in Krefeld und aufgewachsen in Japan und Hongkong habe er nicht nur die asiatische Kultur und Mentalität kennen und schätzen gelernt, sondern auch, sich schnell in andere Mentalitäten und Geschäftspraktiken einzuarbeiten. 

Xpeng war beim Deutschlandstart noch keine zehn Jahre alt: 2014 gründete der heutige Vorsitzende und CEO He Xiaopeng zusammen mit Partnern den chinesischen E-Autohersteller. Mitte 2023 stieg Volkswagen mit einer 4,99-prozentigen Beteiligung bei den Chinesen ein. Mit insgesamt 190.000 ausgelieferten Fahrzeugen 2024 zählt die Marke zwar zu den kleineren chinesischen Automobilherstellern, gehört allerdings weltweit zu den drei größten reinen E-Auto-Anbietern. 

Gründer Xiaopeng verdiente das Geld für den Xpeng-Start zuvor mit einem erfolgreichen Internet-Unternehmen. Er sei „blitzgescheit, ein super Geschäftsmann und ein richtig netter Kerl“, charakterisiert Schrick seinen obersten Chef. Wenn er vom Abendessen mit ihm spricht, schwingt Bewunderung mit. Er habe bereits etwas, das chinesische Autobauer insbesondere von den deutschen noch lernen könnten: Geduld. Es brauche Zeit, um eine Marke aufzubauen – und Vertrauen.

Was bedeutet Mobilität für einen Automanager? Markus Schrick im Video-Interview mit ACV Pressesprecher Philipp Mathey. Jetzt das Video ansehen!



VERTRAUENSBILDENDE MAßNAHMEN
Ein Punkt, auf den Schrick im Gespräch nicht ohne Grund mehrfach zurückkommt. Haben doch andere, längst vergessene chinesische Hersteller Anfang der 2000er Jahre Vertrauen beim Versuch verspielt, mit ersten Importen hierzulande Fuß zu fassen. Wegen erheblicher Qualitätsmängel und kopierten Designs scheiterten sie. Heute können Autobauer der Volksrepublik selbstbewusst auftreten; viele erreichen fünf von fünf Sternen der europäischen Crashtest-Organisation NCAP (auch Xpeng), das Fahrzeugdesign entspricht dem Massengeschmack, sie werden als Hightech wahrgenommen. 

Und doch sind die deutschen Autokäufer bisher zurückhaltend. Der Marktanteil aller chinesischen Marken lag 2024 deutlich unter 2 Prozent. Einen Hebel glaubt Schrick gefunden zu haben, Stichwort Vertrauen: „Wir brauchen ein Gesicht in der Region, jemanden, der sich wirklich mit der Marke identifiziert.“ 

Im Gegensatz zu anderen setzt der Manager daher auf Autohändler; und die sollen nicht nur beim Kauf Ansprechpartner sein, sondern natürlich auch bei Wartung und Reparatur parat stehen. „Diesen beiden Themen geben wir besonders viel Gewicht – viele neue Akteure auf dem Markt sind hierüber in der jüngeren Vergangenheit gestolpert“, meint Schrick.

„Wir brauchen ein Gesicht in der Region, jemanden,​
der sich wirklich mit der Marke identifiziert.“

Markus Schrick
Geschäftsführer Xpeng Deutschland

VORTEIL CHINA SPEED
Hier bleibt Xpeng also nah an den Vorlieben der deutschen Autokäufer. Aber was machen die Chinesen nun anders? Schrick lächelt. Seine Beobachtung: Der Ehrgeiz mehr zu arbeiten, sei deutlich ausgeprägter, einerseits der Notwendigkeit geschuldet, andererseits dem eigenen Antrieb und dem unbedingten Wunsch nach Erfolg. 

„Der chinesische Vorteil ist der ‚China Speed‘. Bei den Chinesen geht einfach alles einen Schritt schneller und effizienter“, meint Schrick. Das geflügelte Wort beschreibt die besonders rasche Umsetzung von Projekten und Innovationen in China – auch begünstigt durch staatliche Förderungen und risikofreudige Industrie, die Produkte praktisch im Gleichschritt mit der Produktion weiterentwickelt. 

Schrick bestätigt das: „Es heißt, man kann ein Schiff im Trockendock bis auf 80 oder 85 Prozent zusammenbauen und den Rest auf dem Wasser machen. Die Chinesen lassen das Schiff schon bei 60 Prozent zu Wasser und machen den Rest auf hoher See – und das funktioniert.“ 

„Der chinesische Vorteil ist der ‚China Speed‘. Bei den Chinesen geht einfach alles einen Schritt schneller und effizienter.“

Markus Schrick
Geschäftsführer Xpeng Deutschland


TECHNOLOGIE- UND OLDTIMER-FAN
Bei modernen, software-getriebenen Autos ist dieser Aspekt besonders relevant: Aufgrund der kontinuierlichen Updates sind sie nie wirklich fertig, laufende Anpassungen gehören zum Standard. Schrick nennt ein Beispiel: Ursprünglich habe sich der adaptive Tempomat bei 130 km/h abgeschaltet, auf Wunsch der deutschen Kunden entsprechend ihrem Alltag auf deutschen Autobahnen ist er nun per Over-the-Air-Update bis 150 km/h verfügbar. Bei Kundenbefragungen genau hinzuhören und die Autos den Wünschen anzupassen, sei bei Xpeng Herstellerphilosophie. „Das Niveau an Technologie im Fahrzeug ist der Gamechanger für die Mobilität der Zukunft“, meint Schrick.

„Ich finde es auch schön, wenn ein V8 blubbert und röhrt.

Doch so gern er in seinem Dienstwagen, dem SUV G9 mit 800-Volt-Ladetechnik und Bildschirm über die komplette Cockpitbreite, unterwegs ist, so gern fährt der bekennende Oldtimer-Fan privat Autos, „wo ich noch richtig handwerklich arbeiten muss“, und gibt zu: „Ich finde es auch schön, wenn ein V8 blubbert und röhrt.“ 

Die drei in Deutschland erhältlichen, schlicht-elegant designten Modelle mit dem charakteristischen Leuchtenband vorn und hinten und „X“ auf der Motorhaube, sind mit gut 1.000 verkauften Fahrzeugen (einschl. April) kaum präsent. Trotzdem wird Schrick „X was?“ heute seltener gefragt; immerhin kennt jeder Dritte hierzulande heute den Namen Xpeng – einer aktuellen Umfrage des Online-Autoportals carwow zufolge. 

Mit Vorbehalten gegenüber seinen chinesischen Autos muss Markus Schrick aber wohl noch länger rechnen. Er geht souverän damit um: „Wie ich reagiere, wenn mir jemand sagt, ein Chinese käme ihm nicht in die Garage?“, sagt er und lacht: „Das wird mein nächster Kunde!“ 


Zur Person

Markus Schrick
64 Jahre, verheiratet, zwei Kinder

Studium
1982-1988
Diplom Betriebswirt, European Business School (EBS) & Master International Management, American Graduate School of International Management

Beruflicher Werdegang (Auszug)
1988-1992 Leiter Business Planung, Ford Europa
1998-2003 Executive Director Sales & Marketing Region Asia & Pacific, Audi AG
2003-2009  Geschäftsführer, Toyota Deutschland & Italien
2012-2018  Geschäftsführer, Hyundai Motor Deutschland
Seit 2023  Managing Director,
Xpeng Motors Germany

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