Der Helfer im Kofferraum

Ein platter Reifen kommt heute seltener vor, aber es gibt das Problem noch immer. Ist dem Reifen die Luft ausgegangen, hilft selbstverständlich der ACV. Wer kleinere Schäden dennoch selbst flicken möchte, nutzt häufig ein Reifenpannenset, denn ein Reserverad haben Neuwagen meist nicht mehr an Bord. Doch wie funktioniert es, und wie wird es angewendet? 

Man ist spät dran auf dem Weg zu einem Termin oder will nach einem langen Arbeitstag so schnell wie möglich nach Hause. Doch schon beim Herantreten ans Auto fällt auf: Der Reifen ist platt. Manche Reifenprobleme machen sich hingegen erst während der Fahrt bemerkbar. Typische Anzeichen sind eine sich ändernde Rückmeldung der Lenkung und ungewohnte Fahrgeräusche. Ist ein Reifenkontrollsystem an Bord, wird dieses eine Warnung ausgeben: In der Regel blinkt ein gelbes Reifensymbol oder die Display-Information „Reifendruck überprüfen“ wird angezeigt. 

Wenn sich das vermutete Reifenproblem bei Sichtkontrolle und Luftdrucktest bestätigt, besteht dringender Handlungsbedarf. Vor einer Weiterfahrt mit undichtem oder geplättetem Reifen ist unbedingt abzuraten, denn der Defekt beeinträchtigt die Fahrsicherheit. Hatten Autos früher für solche Fälle ein Reserverad an Bord, findet man heute unter der Gepäckraumabdeckung meist nur ein Reifenreparaturset. Doch was tun mit der Füllmittelflasche und dem Kompressor?

REIFENREPARATUR LEICHT GEMACHT
Zunächst muss die Ursache der Reifenpanne geklärt werden, beispielsweise ein eingefahrener Nagel oder ein scharfkantiger Stein. Auch das Auffahren auf eine Bordsteinkante kann eine Beschädigung im Reifen verursachen und zu dem ungewollten Druckverlust führen. Ist das Loch lokalisiert, wird das Fahrzeug so abgestellt, dass sich das Loch unter der Reifenunterseite befindet. Anschließend die Kappe des Reifenventils abschrauben und das Dichtmittel aus einer Quetschflasche über die Ventilführung in den defekten Reifen füllen. Das Dichtmittel ist in der Regel eine milchige, klebrige Substanz, die an der Luft aushärtet. Damit es sich optimal im Reifeninneren verteilt, sollte der Reifen bzw. das Fahrzeug unmittelbar nach dem Einfüllen hin und her bewegt werden. Dabei härtet das Dichtmittel allmählich aus und verschließt die defekte Stelle von innen.  

Nach einigen Minuten Wartezeit kann mit dem zum Pannenset gehörenden Kompressor wieder Luft eingefüllt werden, dieser wird über das Bordnetz des Fahrzeugs betrieben. Im Idealfall hat das ausgehärtete Mittel das Loch im Reifen abgedichtet, sodass keine Luft mehr entweichen kann. Der richtige Reifendruck muss mittels des Kompressors eingestellt und regelmäßig überprüft werden, denn die Abdichtung hält nur eine begrenzte Zeit. In der genauen Dosierbarkeit des Luftdrucks liegt der entscheidende Vorteil der Reifenreparatursets gegenüber All-in-One-Lösungen, bei denen sich Abdichtmittel und Druckluft in nur einer Flasche befinden.

AUF DIE GRÖßE KOMMT ES AN
Ist das Loch zu groß, gelingt die Abdichtung nicht vollständig. Die Reifenreparatur funktioniert nur bei kleinen Beschädigungen, nicht aber bei großen Rissen oder einem undichten Ventil. Hält der notdürftig geflickte Reifen die Luft, muss man die nächste Werkstatt oder einen Reifenhändler aufsuchen. Auf der Fahrt ist die in der Pannenset-Anleitung empfohlene Höchstgeschwindigkeit von 60 bis 80 km/h (bei Reifensprays 50 km/h) einzuhalten.  

Idealerweise wird der Reifen nun zeitnah fachgerecht repariert, da das Dichtmittel das Ventil verstopfen und den Reifen auf Dauer unbrauchbar machen kann. Bei kleineren Stichverletzungen können Reifen auch nach dem selbstständigen Flicken noch langfristig weiter genutzt werden. Manche Werkstätten ersetzen den Reifen nach dem Einsatz eines Reparaturmittels jedoch komplett, da die gummiartige Substanz im Reifeninneren die fachgerechte Reparatur unmöglich macht.

    

Reifenpanne?

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Unterschätzte Technologie-Träger

Unterschätzte​
Technologie-Träger

Wir kennen sie und wissen doch wenig über sie: Reifen. Unter ihrer schlichten Gummihülle verbergen sie komplexe Technologie für Fahrsicherheit und Komfort. Ein wichtiger Entwicklungstrend ist mehr Nachhaltigkeit. 

Rund, schwarz, profiliert – Reifen sind das letzte, aber entscheidende Glied des Antriebsstrangs. Nur über sie kommen Drehmoment und Bremskraft auf die Straße. Dabei sind sie ausschlaggebend für Fahrsicherheit und Lenkstabilität, Verbrauch und Effizienz. ESP oder Notbremsassistent wären wirkungslos, würden die Pneus die Bremsleistung nicht übertragen, bei zu hohem Rollwiderstand hingegen würde der Verbrauch steigen. Kein Wunder also, dass Reifenhersteller viel Aufwand erbringen für die Entwicklung von Reifen mit bestmöglichen Eigenschaften.

DER AUFBAU IM DETAIL
Zählt man die Rohstoffe hinzu, besteht ein Reifen aus rund 200 Materialien, darunter bis zu zehn Gummimischungen. Der Aufbau lässt sich in zwei Hauptelemente unterteilen, das Laufband und den Unterbau, auch Karkasse genannt. Beide Bereiche setzen sich wiederum aus unterschiedlichen Schichten zusammen. Die äußerste ist der Laufstreifen, der die Verbindung zur Straße herstellt und aus einer Mischung von natürlichem und synthetischem Kautschuk besteht. Direkt darunter befinden sich die Spulbandagen aus einer in Kautschuk eingebetteten Nylon-Schnur. Sie verbessern die Fahreigenschaften bei hohen Geschwindigkeiten. Drähte aus hochfestem Stahl (Corde) bilden die dritte Schicht, die Stahlcord-Gürtellage. Sie gibt dem Reifen Form und Festigkeit, optimiert Rollwiderstand und Laufleistung.

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Alle weiteren Schichten bilden das tragende Gerüst des Reifens, die Karkasse, beginnend mit den Textilcord-Einlagen aus den gummierten Synthetik-Fasern Polyester oder Rayon. Die Textilcord-Einlagen regulieren den Innendruck zusammen mit der Innenschicht, die wiederum einen luftdichten Innenraum aus Butylkautschuk bildet. Der Seitenstreifen aus Naturkautschuk schützt die Karkasse vor Schäden und Umwelteinflüssen.

Die Reifenwulst ist ein stabiler Innenring, der den Reifen zusammen mit dem Luftdruck fest auf der Felge hält, sowie zu Fahrstabilität und Federungskomfort beiträgt. Er besteht aus dem Wulstverstärker aus Nylon und Aramidfasern, dem Kernprofil aus synthetischem Kautschuk und dem Wulstkern, einem in Kautschuk eingebetteten Stahldraht. 

WINTER, SOMMER – UND DAS ELEKTRO-ZEITALTER
Beim Reifenwickeln werden alle Ebenen zusammengeführt. Erst bei der anschließenden Vulkanisation mit rund 160 Grad Celsius werden alle Bauteile unter hohem Druck verbunden. Hier erhält der Laufstreifen sein Profil, das je nach Anforderungen unterschiedlich ausfällt. So soll es bei Sommerreifen in Verbindung mit einer festeren Kautschuk-Mischung Wasser besser ableiten und bei hohen Temperaturen beständig sein. Winterreifen sind hingegen weicher, sorgen aber mit zusätzlichen Lamellen-Einschnitten für Haftung auf Schnee und Matsch. 

Elektroautos stellen zusätzliche Anforderungen an die Reifenhersteller, etwa durch ihr hohes Gewicht. Aber auch das ab Start zur Verfügung stehende starke Drehmoment darf nicht zu Schäden auf dem Laufstreifen führen. Gleichzeitig sollen die Reifen leiser sein, da Abrollgeräusche in den laufruhigen E-Fahrzeugen lauter zu hören sind. Durch geringeren Rollwiderstand soll der Verbrauch gesenkt und damit die Reichweite erhöht werden.

MEHR NACHHALTIGKEIT ALS ZIEL
Eine Effizienzsteigerung wird nicht nur für E-Autoreifen angestrebt, sondern für das gesamte Portfolio und die Produktion. Künftig sollen mehr recycelte Materialien, wie etwa Plastikflaschen oder Styropor, und Abfallprodukte, wie Silicat aus Reisschalen oder Lignin aus der Papierproduktion, genutzt werden. Russischer Löwenzahn enthält Milchsaft, der natürlichem Kautschuk ähnelt. Auch die in Mexico und in Texas/USA heimische Pflanze Guayule enthält einen Kautschukersatz. Wird der Kautschuk künftig näher an den Reifen-Produktionsstätten gewonnen, entsteht beim Transport weniger CO2. Aus Altreifen lassen sich Stahl und Ruß extrahieren. Schon heute gibt es Reifen aus Öko-Materialien – das schwarze Gut wird also immer grüner.