MENSCHEN

„Wir sind der Anwalt für Mobilität“

Diplomatisch und Klartext zugleich zu sprechen, ist eine Kunst, die Florian Eck beherrscht. Bei einem Besuch in der neuen Zentrale des ACV sprach die PROFIL mit dem Geschäftsführer des Deutschen Verkehrsforums (DVF) darüber, was bei der Mobilität in Deutschland funktioniert und was nicht. Und erfuhr den überraschenden Grund, warum sein Lieblingsverkehrsmittel die Berliner U-Bahn ist.

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Starten wir mit einer Quizfrage: Was haben Autoclubs, Bahnunternehmen, Auto-, Lkw- und Flugzeughersteller, Parkhausbetreiber, Mineralölkonzerne, Telekommunikationsunternehmen, Logistiker, Zweiradindustrie, Hafenbetreiber, kommunale Verkehrsbetriebe, Luftfahrtunternehmen und die Bauindustrie gemeinsam? Auf den ersten Blick nicht viel. Aber schauen wir genauer hin: Sie alle verbindet die Mobilität. 

161 unterschiedliche Unternehmen mit ebenso vielen unterschiedlichen Interessen sind Mitglied im Deutschen Verkehrsforum, darunter auch der ACV. Das DVF ist die einzige verkehrsträgerübergreifende Wirtschaftsvereinigung des Mobilitätssektors im europäischen Personen-und Güterverkehr, oder anders gesagt: „Wir sind der Anwalt für Mobilität“, fasst es Dr. Florian Eck zusammen. Er ist einer der beiden Geschäftsführer und zu seinen Schwerpunkten gehören u. a. Digitalisierung und Infrastruktur.

GEMEINSAME ZIELE LIEGEN AUF DER HAND
Beim DVF alle Belange unter einen Hut zu bekommen, sei nicht das Ziel, sagt Eck. „Vielmehr müssen wir nach gemeinsamen Interessen suchen und diese vorantreiben.“ Sie seien sogar relativ einfach zu finden, zum Beispiel: Solide Infrastruktur, Fortschritte beim Thema Digitalisierung, nachhaltige, möglichst effiziente Mobilität, Bürokratieabbau. 

Durch die starke Expertise der unterschiedlichen Mitgliedsunternehmen finden Vorschläge und Forderungen in Berlin Gehör – über Positionspapiere, Veranstaltungen, Gespräche, Einladungen in den Verkehrsausschuss, sprich: Lobbyarbeit. Dabei blickt das Verkehrsforum auf mittlerweile 40 Jahre Erfahrung zurück.

ACV Pressesprecher Philipp Mathey im Gespräch mit Florian Eck. Jetzt das Video ansehen!



„Wir hatten früher ein starkes Gegeneinander der einzelnen Verkehrsträger“, sagt Eck, „aber man hat begriffen, dass man nur vorankommt, wenn man tatsächlich an einem Strang zieht.“ So gehört zu den Zielen des Mobilitätsverbands auch, Best-Practice-Beispiele zu identifizieren, die auf andere Unternehmen übertragen werden könnten – sei es ein elektronisches Ticket für den Nahverkehr oder Parkplatzsuchsysteme für Autos. „Wenn wir diese Best Practices zusammenführen, dann können wir Energie sparen, Geld sparen, werden effizienter und der Standort insgesamt wird gestärkt.“

KONKRETER NUTZEN DER DIGITALISIERUNG
Eck nennt ein Beispiel: „Idealerweise bekomme ich doch morgens am Frühstückstisch die Nachricht: Es gibt Stau auf der Pendlerstrecke. Empfohlen wird, das Auto vor der Stadt abzustellen und nicht hineinzufahren. Man bekommt die entsprechenden Verbindungen angezeigt und das Ticket auch direkt aufs Smartphone.“ Mehr Bequemlichkeit, weniger Stress – ein Nutzen der Digitalisierung, der gleich einleuchtet. Das werde aber schon seit 20 Jahren erzählt. Problematisch sei, dass die Daten von den Unternehmen nicht gerne geteilt werden. „Viele sehen nur den vermuteten eigenen Nachteil, weniger den gemeinsamen Zweck.“ Und die unterschiedlichen Interpretationen von Datenschutzbeauftragten der Bundesländer seien auch nicht gerade hilfreich.

„Wir haben noch keine Mobilitätswende, sondern nur einen Mobilitätswandel.“

Dr. Florian Eck
Geschäftsführer Deutsches Verkehrsforum

Wie sehr man als Pendler auf gute Informationen angewiesen ist, weiß Florian Eck aus eigener Erfahrung: „Ich bin multimodal unterwegs und habe kein eigenes Auto.“ Morgens fährt er beispielsweise mit der U-Bahn, danach weiter per Leihfahrrad und zurück manchmal mit einem geliehenen Auto, wenn es noch ins Möbelhaus geht. Dass dieses Mobilitätsverhalten eher die Ausnahme als die Regel darstellt, ist Eck bewusst: „Wir müssen realistisch sein: Wir haben noch keine Mobilitätswende, sondern nur einen Mobilitätswandel.“ 

Für Veränderung brauche es Verlässlichkeit. „Wir können nur mit Qualität und einer hohen Berechenbarkeit der Verkehrsmittel etwas in den Köpfen der Menschen bewegen.“ Verlässlichkeit ist etwas, das ihm wichtig ist und mehrfach ein Thema im Gespräch. Auch bei der Infrastruktur: „Unternehmen müssen sich darauf verlassen können, welche Investitionen in den nächsten zehn Jahren getätigt werden.“ Das im Voraus zu fixieren, erfordere Mut von der Politik. „Aber es ist wie im Privaten: Es gibt unvermeidbare Investitionen und dafür müssen wir Jahr für Jahr ein festes Budget vorsehen.“

Der Werdegang macht einen zum Diplomaten.

DIPLOMATIE IM BLUT
Erklären, Argumente nennen, Gegenpositionen beleuchten, beharrlich bleiben: „Ja, der Werdegang macht einen zum Diplomaten“, bestätigt Eck lachend. Er wurde in Düsseldorf geboren, hat aber in Köln studiert und viele Jahre dort verbracht. Düsseldorf, Köln – jeder Rheinländer kennt die vor allem kulturell und sportlich zelebrierte Rivalität der beiden Städte. „Ich mag Kölsch und Alt und auch beide Fußballmannschaften“, erklärt Eck schmunzelnd und fügt hinzu: „Das muss man selbst seinen Freunden erklären und das formt den Diplomaten.“ Angesprochen auf sein Lieblingsverkehrsmittel, nennt er übrigens die Berliner U-Bahn. Die Begründung überrascht: „Dort sitzt man quer zueinander und kann den Alltag beobachten. Ich glaube, das ist wichtig, um ein Gespür dafür zu bekommen, was gerade in Deutschland los ist.“


Zur Person

Dr. Florian Eck
1967 in Düsseldorf
verheiratet, ein Kind
Studium und Promotion Volkswirtschaftslehre an der Uni Köln;
Diplom-Volkswirt, Dr. rer. pol

Werdegang (Auszug)
1994-1998
Wiss. Mitarbeiter Uni Köln

seit 1998
Deutsches Verkehrsforum (DVF)

1998-2003
Leiter Projekte/Studien DVF

2003-2020
Lehrbeauftragter TU Berlin
„Vernetzung der Verkehrsträger“

2003-2019
Stellv. Geschäftsführer DVF

Seit 2020
Geschäftsführer DVF
Mit Bus und Bahn reiste Florian Eck zur neuen Zentrale des ACV und bekam eine Führung durch das Gebäude inklusive Dachterrasse.

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