Brennen E-Autos häufiger als Verbrenner?
Wie sind Elektrofahrzeuge gegen Brände geschützt?
Elektroautos verfügen über mehrere Sicherheitssysteme. Welche davon mindestens vorhanden sein müssen, ergibt sich aus der ECE-Regelung R 100. Sie führt konkrete Anforderungen an die Batterie und das gesamte elektrische Antriebssystem auf. Vorgeschrieben sind etwa diverse Vibrations-, Schock- und Wärmeprüfungen. Auch die Sicherung gegen Kurzschlüsse, Über- oder Entladung und Überhitzung sind festgelegt. So überwacht ein Batterie-Management-System (BMS) permanent Strom, Spannung und Temperatur der Batteriezellen. In Zusammenarbeit mit dem Thermomanagementsystem regelt es mit Luft- oder Flüssigkühlung die Batterietemperatur. Kommt es trotzdem zu Problemen, reagiert das BMS mit einer automatischen Abschaltung, etwa bei Über- oder Unterspannung, Überstrom, zu hoher Temperatur oder einem Fahrzeugüberschlag. Dazu kommen konstruktive Schutzeinrichtungen, etwa Hitzeschutzschilder, Belüftungsöffnungen und ein mechanischer Aufprallschutz für die Batterie.
Was sind die häufigsten Brandursachen bei Elektrofahrzeugen?
Bei Verbrennern gibt es eine ganze Reihe von Brandursachen: Angefangen von Lecks im Kraftstoffsystem über Elektrik-Fehler bis zum Parken mit heißem Katalysator auf der trockenen Sommerwiese. Beim E-Auto sind fast ausschließlich Probleme mit der Batterie der Auslöser. Sie entstehen durch übermäßige thermische, elektrische oder mechanische Beanspruchung der Batteriezellen. Zu den möglichen Ursachen zählen mechanische Schäden durch Verkehrsunfälle oder Fehler im Batterie-Management-System. Auch ein externer Brand kann für das sogenannte thermische Durchgehen des Energiespeichers sorgen.
Was heißt thermisches Durchgehen („thermal runaway“)?
Ob durch einen externen oder internen Fehler: Wird eine Zelle in der Batterie zu heiß, droht das sogenannte thermische Durchgehen. Die Zelle entzündet sich, das Feuer greift auf Nachbarzellen über, schnell brennt der komplette Batterie-Pack, manchmal explodiert er sogar unter dem Druck. Ein weiteres Problem: Im Gehäuse liegen alle für den Brand nötigen Elemente vor; das mit Benzin chemisch verwandte Elektrolyt, das entfernt der Holzkohle ähnliche Graphit an der Anode und der häufig aus organischem Material bestehende Separator.
Dazu kommen sauerstoffhaltige Verbindungen aus den Elektroden. Der Brand speist sich selbst, ist dabei durch das umfassende Batteriegehäuse von außen schwer zu erreichen, was das Löschen erschwert. Dieser „runaway“ dürfte entscheidend zu den Angst-Mythen über E-Autobrände beigetragen haben.
Der größte Teil der thermischen Energie, die bei einem Brand eines Pkw freigesetzt wird, stammt nicht aus dem Energiespeicher. Stattdessen machen Reifen, Kunststoffverkleidungen und Stoffe den Hauptteil der Brandlast aus. E-Autos und Verbrenner vergleichbarer Größe unterscheiden sich in dieser Hinsicht kaum. Auch in Bezug auf die gesamte freigesetzte Wärmemenge und die Höchsttemperatur sind Brände in batterieelektrischen Pkw und Verbrennern ähnlich, wie aus Unterlagen der der staatlichen Nationalen Organisation Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie (NOW) hervorgeht.
Gibt es Unterschiede zwischen den Zelltypen bei der Brandsicherheit?
Grundsätzlich sind alle im Auto verwendeten Zelltypen sicher. Als besonders sicher gelten aber Lithium-Eisenphosphat-Zellen (LFP), bei denen das Kathodenmaterial eine höhere thermische Stabilität aufweist als bei Zellen auf Nickelbasis (NMC, NCA). LFP-Zellen sind günstiger und weniger leistungsfähig als Nickel-Zellen und kommen daher zunehmend vor allem bei kleineren Pkw oder Nutzfahrzeugen zum Einsatz. Noch sicherer dürften Natrium-Ionen-Batterien sein, die in Europa aber aktuell nicht genutzt werden. Wirklich schwer entzündlich werden wohl echte Feststoff-Batterien – allein schon das Fehlen des brennbaren Flüssig-Elektrolyts sollte das Sicherheitsniveau noch einmal anheben. Bei allen aktuellen Zelltypen gilt: Das Risiko des thermischen Durchgehens ist bei voller Ladung am höchsten, bei geringerer Ladung deutlich niedriger. Aus diesem Grund werden die Akkus etwa beim Schiffstransport auch nur zu rund einem Viertel geladen.
Wie bei Verbrenner-Pkw nutzt die Feuerwehr Wasser zum Löschen und Kühlen. Weil es innerhalb des Batteriegehäuses brennen kann, muss die Feuerwehr bei E-Auto-Bränden ihre Strategie anpassen. Um das Löschmittel in den Akku-Pack zu bekommen, werden etwa spezielle Löschlanzen oder Löschzugänge genutzt. Nach dem Löschen ist ein kontinuierliche Temperaturüberwachung nötig, da sich der Akku neu entzünden könnte. Die Übergabe an Abschleppunternehmen erfolgt daher erst nach mindestens 30-minütiger Beobachtung. Anschließend müssen die Elektroautos aus Sicherheitsgründen in Quarantäne, falls der Brand wieder aufflackern sollte.