TITELSTORY

Container for the scroll indicator

(Will be hidden in the published article)

Erste Hilfe im Straßenverkehr leistet einen entscheidenden Beitrag zur Rettung von Menschenleben. Doch viele Verkehrsteilnehmer sind unsicher, was in einer Notsituation zu tun ist. Ein Überblick, wie Autofahrer im Ernstfall richtig handeln können.

Aufregung, Verunsicherung, Angst, etwas falsch zu machen oder sich selbst in Gefahr zu bringen: Es gibt viele Gründe, warum Menschen bei einem Unfall nicht helfen. Zögern, wegschauen, weiterfahren sind natürliche Reaktionen, die jedoch Leben kosten können. Umgekehrt gilt: Mit den einfachsten Maßnahmen kann jeder zum Lebensretter werden.

WISSEN GEGEN DIE ANGST
„Ein entscheidender Grund für Zurückhaltung ist häufig die Angst, etwas falsch zu machen“, sagt Dr. Tanja Mansfeld, Sachgebietsleiterin für die Ausbildung im gesundheitlichen Bevölkerungsschutz beim Deutschen Roten Kreuz (DRK). „Dabei ist Nichtstun im Ernstfall der größte Fehler.“ Der beste Weg, die Angst vor Fehlern zu überwinden, ist durch mehr Wissen und praktische Übung. Ist der Erste-Hilfe-Kurs erst bis zu zwei Jahre her, fühlen sich die Teilnehmer zu mehr als 90 Prozent in der Lage, im Notfall Hilfe zu leisten. Liegt der Kurs 15 Jahre oder mehr zurück, sind es nur noch 44 Prozent, so eine Umfrage des DRK.


„Nichtstun ist im Ernstfall
der größte Fehler.“

Dr. Tanja Mansfeld
Erste-Hilfe-Expertin beim DRK


Beispiel Laien-Reanimation: Hier sind die Empfehlungen in den vergangenen Jahren deutlich vereinfacht worden, um die Hemmschwelle zu senken; so kann auch eine ausschließliche Herzdruckmassage ohne Beatmung die Zeit bis zum Eintreffen der Profis überbrücken. Mansfeld, die als Ärztin und Erste-Hilfe-Expertin beim DRK arbeitet, sagt ganz klar: „Jedes Jahr könnten tausende Menschen mehr überleben, wenn schneller Erste Hilfe geleistet werden würde.“

Die meisten Unfälle passieren bekanntlich im Haushalt, Unfälle im Straßenverkehr sind jedoch ebenfalls eine signifikante Größe: Rund 292.000 Verkehrsunfälle mit Toten oder Verletzten registrierte das Statistische Bundesamt 2023, jeden Tag gab es im Schnitt acht Tote und 1.004 Verletzte.

Es sind Situationen wie diese: Auf dem Weg zur Arbeit sitzt auf der Bordsteinkante ein gestürzter Radler und hält sich den Arm. Im Rückspiegel nähert sich auf der Landstraße ein Motorradfahrer und ist im nächsten Moment von der Straße verschwunden. 200 Meter voraus auf der Autobahn touchieren sich zwei Fahrzeuge, eines fährt in die Leitplanke. Binnen Sekunden müssen Verkehrsteilnehmer entscheiden: weiterfahren oder anhalten.

ERSTE SCHRITTE: SICHERN, NOTRUF
Für viele stellt sich dabei die Frage: Was kann ich als medizinischer Laie schon tun? Die Antwort mag manchen überraschen: 
eine ganze Menge. Das beginnt mit dem Absichern der Unfallstelle und dem Absetzen des Notrufes – den ersten Gliedern der sogenannten Rettungskette, die sinnbildlich darstellt, wie die einzelnen Maßnahmen bis zum Transport ins Krankenhaus ineinander greifen. 

„Es geht nicht um Perfektion, sondern um Schnelligkeit.“

Stefan Markus Leiter Ausbildung beim Malteser Hilfsdienst

Das Aufstellen des Warndreiecks erfolgt dabei noch vor dem Notruf, sodass nicht noch weitere Verkehrsteilnehmer gefährdet werden. Bei der Ersten Hilfe steht der Selbstschutz an oberster Stelle. „Sich selbst in Gefahr bringen sollte man keinesfalls“, sagt Stefan Markus, Ausbildungsleiter beim Malteser Hilfsdienst. Zum Selbstschutz zählt, die Warnblinkanlage am eigenen Fahrzeug einzuschalten, eine Warnweste zu tragen, mit dem aufgeklappten Warndreieck in der Hand hinter der Leitplanke zu laufen – und im Zweifel dort nach Absetzen des Not­rufes auf die Rettungskräfte zu warten, wenn beispielsweise mitten auf der Autobahn-Fahrbahn ein Unfall passiert ist. „Es kann vorkommen, dass Sie Personen aus einem verunglückten Fahrzeug befreien müssen. Dabei darf Ihre eigene Sicherheit nicht gefährdet werden. Unter Umständen kann nur Fachpersonal die betroffene Person retten“, sagt auch DRK-Expertin Mansfeld.

SO HELFEN LAIEN KONKRET
Ist die Situation für den Helfer ungefährlich, müssen auch medizinische Laien über Absicherung und Notruf hinaus Erste Hilfe leisten. Zum Beispiel blutende Wunden stillen. Dabei gilt: „Es geht nicht um Perfektion, sondern um Schnelligkeit“, so Malteser-Ausbildungsleiter Markus. Wer also nicht mehr weiß, wie ein Druckverband akkurat angelegt wird, handelt einfach nach gesundem Menschenverstand. Zum Selbstschutz und um die eigene Hemmschwelle zu überwinden, Einmalhandschuhe anziehen und mit einer Wundauflage aus dem Erste-Hilfe-Kasten oder einem anderen Hilfsmittel auf die Wunde drücken, empfiehlt Markus und ordnet ein: „In Deutschland haben wir ein dichtes System, im Schnitt sind nach 8 bis 10 Minuten Rettungsmittel da. Wir sprechen also nur über die Erstversorgung.“ Auch bei einer Fahrradtour ist es daher sinnvoll, ein kleines Erste-­Hilfe-Set dabei zu haben – hier gibt es auch packfreundliche Formate zu kaufen. 

8.7 Minuten

… vergehen im Schnitt in Deutschland, bis ein Rettungswagen vor Ort ist. 

Das simple Beistand leisten und mit der Rettungsdecke wärmen, sei ebenfalls eine wichtige Maßnahme. „Dem Verunfallten zu vermitteln, dass die Rettung informiert und alles abgesichert ist – das sorgt für Beruhigung, die auch kreislaufentlastend wirkt.“ Man solle sich fragen, was einem selbst in der Situation gut tun würde und danach handeln, so Markus.

Erste-Hilfe-
Maßnahmen

Was ist konkret bei einem Unfall zu tun? 
Schritt für Schritt erklärt.

Zu den Maßnahmen

Wann haben Sie zum letzten Mal einen Erste-Hilfe-Kurs besucht?

41% vor mehr als 15 Jahren
10.5% vor 11-15 Jahren
13.2% vor 6-10 Jahren
11.4% vor 2-5 Jahren
17.1% in den letzten 2 Jahren
3.3% weiß nicht
3.5% noch nie

Quelle: DRK

SCHNELLE HILFE ENTSCHEIDEND
Dass die Floskel „Jede Sekunde zählt“ mehr ist als nur eine Banalität, lässt sich anschaulich an Zahlen zur Wiederbelebung nach einem Herzstillstand belegen. Die Laien-Ersthelferquote liegt hier in Deutschland bei 51 Prozent, das heißt, nur jeder zweite beginnt mit der Herzdruckmassage. Im Schnitt ist hierzulande zwar nach 8 bis 10 Minuten ein Rettungswagen vor Ort, jedoch nimmt das Gehirn ohne Reanimation schon nach 5 Minuten aufgrund fehlender Sauer­stoff­versorgung irreparablen Schaden. In anderen Ländern wie den Niederlanden oder Schweden werden Ersthelferquoten von 70 oder 80 Prozent erreicht, was sich in der dortigen Überlebensrate niederschlägt. 

Ist die Person nicht ansprechbar, stellt sich die Situation für Laien schwieriger dar. Hier gilt es zu prüfen: Ist Atmung vorhanden? Ist ein Lufthauch aus dem Mund zu fühlen oder senkt und hebt sich der Brustkorb? Wenn ja, wird empfohlen, den Verletzten in die Stabile Seitenlage zu bringen, um Ersticken durch Blut oder Erbrochenes zu verhindern. Ist keine Atmung vorhanden, muss mit der Herzdruckmassage begonnen werden

In einer akuten Gefahrensituation, beispielsweise wenn die Person auf der Fahrbahn liegt, Benzin ausläuft oder bei dem Bewusstlosen im Auto keine Rettungsmaßnahmen möglich sind, sollte der Ersthelfer den Verletzten aus dem Gefahrenbereich bringen – möglichst schonend geht das mit dem Rautek-Rettungsgriff. „In dem Augenblick ist die Gefahr für die Person höher zu bewerten als das Risiko weiterer Verletzungen“, sagt Stefan Markus.

SCHNELLE HILFE ENTSCHEIDEND
Dass die Floskel „Jede Sekunde zählt“ mehr ist als nur eine Banalität, lässt sich anschaulich an Zahlen zur Wiederbelebung nach einem Herzstillstand belegen. Die Laien-Ersthelferquote liegt hier in Deutschland bei 51 Prozent, das heißt, nur jeder zweite beginnt mit der Herzdruckmassage. Im Schnitt ist hierzulande zwar nach 8 bis 10 Minuten ein Rettungswagen vor Ort, jedoch nimmt das Gehirn ohne Reanimation schon nach 5 Minuten aufgrund fehlender Sauer­stoff­versorgung irreparablen Schaden. In anderen Ländern wie den Niederlanden oder Schweden werden Ersthelferquoten von 70 oder 80 Prozent erreicht, was sich in der dortigen Überlebensrate niederschlägt. 

Ist die Person nicht ansprechbar, stellt sich die Situation für Laien schwieriger dar. Hier gilt es zu prüfen: Ist Atmung vorhanden? Ist ein Lufthauch aus dem Mund zu fühlen oder senkt und hebt sich der Brustkorb? Wenn ja, wird empfohlen, den Verletzten in die Stabile Seitenlage zu bringen, um Ersticken durch Blut oder Erbrochenes zu verhindern. Ist keine Atmung vorhanden, muss mit der Herzdruckmassage begonnen werden. 

In einer akuten Gefahrensituation, beispielsweise wenn die Person auf der Fahrbahn liegt, Benzin ausläuft oder bei dem Bewusstlosen im Auto keine Rettungsmaßnahmen möglich sind, sollte der Ersthelfer den Verletzten aus dem Gefahrenbereich bringen – möglichst schonend geht das mit dem Rautek-Rettungsgriff. „In dem Augenblick ist die Gefahr für die Person höher zu bewerten als das Risiko weiterer Verletzungen“, sagt Stefan Markus.

RECHTLICHE SITUATION
Womit wir bei einer weiteren Angst wären, die viele umtreibt: Was, wenn ich etwas falsch mache? DRK-Expertin Tanja Mansfeld stellt klar: „Es besteht keinerlei Grund zur Sorge, wenn es darum geht, Erste Hilfe zu leisten. Ersthelfende genießen umfassenden Schutz.“ Wer Erste-Hilfe-Maßnahmen in der Aufregung nicht richtig anwende, könne dafür später nicht haftbar gemacht werden. Und weiter: „Sie müssen keinerlei Konsequenzen befürchten, weder bei Fehlern noch bei Verletzungen, die im Rahmen der Ersten Hilfe entstehen können.“ Das gelte aber selbstverständlich nicht für vorsätzliche Schädigungen einer Person. 

Darüber hinaus ist jeder gesetzlich verpflichtet, im Rahmen seiner Möglichkeiten zu helfen, so ist es in § 323c Strafgesetzbuch unter dem Stichwort „Unterlassene Hilfeleistung“ geregelt: „Wer bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr oder Not nicht Hilfe leistet, obwohl dies erforderlich und ihm den Umständen nach zuzumuten, insbesondere ohne erhebliche eigene Gefahr und ohne Verletzung anderer wichtiger Pflichten möglich ist, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.“

Nach § 323c StGB ist jeder zur Ersten Hilfe im Rahmen seiner Möglichkeiten verpflichtet. 

JETZT INFORMIEREN – IM KURS ODER PER APP
Erste-Hilfe-Kurse werden oft als Ein-Tages-Veranstaltung bundesweit von verschiedenen Hilfsorganisationen angeboten, zum Beispiel unter drk.de oder malteser.de. „Wenig Theorie, viel Praxis – so laufen Kurse heute ab“, erklärt Malteser-Ausbildungsleiter Markus. „Das macht Spaß, und man kann es zum Beispiel auch mit dem Kegelverein machen“. Auch verschiedene ACV Ortsclubs bieten Erste-Hilfe-Abende an acv.de/vereinsleben. Niederschwelliger sind die Erste-Hilfe-Apps der Hilfsorganisationen. Theoretisch kann man sich mit ihrer Hilfe durch eine Notsituation leiten lassen. „Viel häufiger ist aber die Nutzung zwischendurch, in der Bahn, im Wartezimmer“, sagt Markus. „Man kann die Situationen durchgehen, um sie in Stresssituationen im Kopf zu haben.“ 

Auch DRK-Expertin Mansfeld plädiert dafür, Erste Hilfe stärker im Alltag zu verankern: „Wir brauchen eine Selbstverständlichkeit im Umgang mit dem Thema Erste Hilfe. In skandinavischen Ländern lernen beispielsweise bereits Schul­kinder, wie die Herzdruckmassage funktioniert.“ Auch in Deutschland gibt es schon ähnliche Pilotprojekte.


„Unfälle passieren meist unerwartet. Wer dann Erste Hilfe leistet, kann entscheidend zur Genesung und Sicherheit der Betroffenen beitragen. 

Daher rufen wir dazu auf: Regelmäßiges Training schafft Sicherheit. Wer auf den Notfall vorbereitet ist, kann besonnen und souverän handeln.“

Rolf Möller
ACV Präsident

Jetzt PROFIL digital abonnieren!

Sie möchten  immer rechtzeitig informiert werden, wenn eine neue Ausgabe der PROFIL digital zur Verfügung steht? Melden Sie sich jetzt an, um zur Veröffentlichung eine E-Mail mit einem Direktlink zu erhalten.

Jetzt anmelden

Nächster Artikel

Erste-Hilfe-Maßnahmen
Erste Hilfe kann Leben retten – was im Ernstfall zu tun ist, damit schnelle Hilfe gelingt.
Lesen

Container for the dynamic page

(Will be hidden in the published article)