Tradition verkauft sich auch beim Auto gut. Zumindest dann, wenn sie mit moderner Technik gepaart ist: Gerade fährt etwa Renault mit seiner elektrischen Neuauflage des 70er-Jahre-Klassikers R5 erste Erfolge bei Kunden und Kritikern ein. Kein Wunder, dass der Rückgriff auf die lange Markengeschichte auch bei anderen Herstellern hoch im Kurs steht – etwa bei Ford und Opel. „Capri“ heißt das neueste Produkt aus den Kölner Ford-Werken.
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Jüngere erinnert der Name vielleicht an ein orangenes Eis am Stil, Ältere vor allem an ein Traumauto ihrer Jugend. Die Neuauflage ist nun allerdings kein zweitüriges 70er-Jahre- Coupé im Muscle-Car-Stil mehr, sondern ein viertüriger Fließheck-Crossover mit Elektroantrieb und üppiger Reichweite (bis über 600 Kilometer).
Der Neuzeit-Capri ist die schickere Alternative zum eng verwandten SUV-Modell Ford Explorer, nutzt wie dieser Batterien und Antriebe von Kooperationspartner VW. Ob das eigenständige Design und der Name aus der Historie reichen, um sich beim Kunden vom Technik-Zwilling VW ID.5 abzugrenzen, bleibt abzuwarten. Preislich sind die Unterschiede gering, der Ford startet bei 44.000 Euro.
Während der Capri zwischen 1968 und 1986 allein in Köln knapp zwei Millionen Mal gebaut wurde, war der Opel Frontera in seinem ersten Leben in den 1990er-Jahren ein Nischenfahrzeug. Noch vor der großen SUV-Welle wandte sich der robuste Geländewagen mit Isuzu-Technik vor allem an echte Offroad-Fahrer.
Die Neuauflage zielt nun aber voll in die Mitte des Marktes: Als siebensitziges Familien-SUV mit Elektro- oder Mildhybridantrieb platziert sie sich in die volumenträchtige Lücke zwischen den Markengeschwistern Grandland und Mokka. Punkten soll der Neue nicht zuletzt mit seinem Preis: So zählt die E-Variante mit 29.000 Euro zu den günstigsten Stromern auf dem deutschen Markt. Nicht nur bei Ford und Opel soll der Rückgriff in die eigene Historie Vorteile bringen.
Klassische Modellbezeichnungen haben zumindest in Teilen der anvisierten Kundschaft einen guten Klang, im Idealfall erinnern sie sogar an echte Autolegenden, die es in das kollektive Gedächtnis Europas geschafft haben; wie etwa der Bulli-Wiedergänger ID.Buzz oder die Neuauflage des Fiat Grande Panda im „Tolle-Kiste“-Design.
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Allein das Beschwören der glorreichen Vergangenheit reicht allerdings nicht. Die Kunden wollen überzeugende Konzepte und ein zeitgenössisches Automobil, keinen Traum von gestern. Der Kölner Design-Professor Paolo Tumminelli hat sogar ein generelles Problem mit dem „New Retro“-Trend: Er ziele auf den wankelmütigen Geschmack von Millennials und Gen-Zs: „Damit wird das Auto zu einer Kreuzung aus Vintage und Restomod.“ Auch wenn man es selbst nicht so streng sehen möchte: Tradition allein macht ja tatsächlich noch kein gutes Fahrzeug. Im ungünstigsten Fall wird der ruhmreiche Name am Ende sogar beschädigt.